Wortlaut der sieben Vergebungsbitten, die bei der
feierlichen Messe zum "Tag der Versöhnung" im Petersdom
vorgetragen wurden:
Liebe Brüder und Schwestern, lasst uns vertrauensvoll zu Gott unserem Vater
rufen, der barmherzig und langmütig ist, reich an Erbarmen, Liebe und Treue.
Er möge die Reue seines Volkes annehmen, das in Demut seine Schuld bekennt,
und ihm seine Barmherzigkeit schenken.
I. Allgemeines Schuldbekenntnis
Lass unser Bekenntnis und unsere Reue vom Heiligen Geist beseelt sein. Unser
Schmerz sei ehrlich und tief. Und wenn wir in Demut die Schuld der Vergangenheit
betrachten und unser Gedächtnis ehrlich reinigen, dann führe uns auf
den Weg echter Umkehr.
Herr unser Gott, du heiligst deine Kirche auf ihrem Weg durch die Zeit
immerfort im Blut deines Sohnes. Zu allen Zeiten weißt du in ihrem
Schoß um Glieder, die durch ihre Heiligkeit strahlen, aber auch um andere,
die dir ungehorsam sind und dem Glaubensbekenntnis und dem heiligen Evangelium
widersprechen. Du bleibst treu, auch wenn wir untreu werden. Vergib uns
unsere Schuld und lass uns unter den Menschen wahrhaftige Zeugen für dich
sein. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
II. Bekenntnis der Schuld im Dienst der Wahrheit
Lass jeden von uns zur Einsicht gelangen, dass auch Menschen der Kirche im
Namen des Glaubens und der Moral in ihrem notwendigen Einsatz zum Schutz der
Wahrheit mitunter auf Methoden zurückgegriffen haben, die dem Evangelium
nicht entsprechen. Hilf uns, Jesus Christus nachzuahmen, der mild ist und
von Herzen demütig.
Herr, du bist der Gott aller Menschen. In manchen Zeiten der Geschichte
haben die Christen Methoden der Intoleranz zugelassen. Indem sie dem großen
Gebet der Liebe nicht folgen, haben sie das Antlitz der Kirche, deiner
Braut, entstellt. Erbarme dich deiner sündigen Kinder und nimm unseren
Vorsatz an, der Wahrheit in der Milde der Liebe zu dienen und sich dabei
bewusst zu bleiben, dass sich die Wahrheit nur mit der Kraft der Wahrheit
selbst durchsetzt. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
III. Bekenntnis der Sünden gegen die Einheit des Leibes Christi
Lass das Eingeständnis der Sünden, die die Einheit des Leibes Christi
verwundet und die geschwisterliche Liebe verletzt haben, den Weg ebnen für
die Versöhnung und die Gemeinschaft aller Christen.
Barmherziger Vater, am Abend vor seinem Leiden hat dein Sohn darum gebetet,
dass die Gläubigen in ihm eins seien: Doch sie haben seinem Willen nicht
entsprochen. Gegensätze und Spaltungen haben sie geschaffen. Sie haben
einander verurteilt und bekämpft. Wir rufen inständig dein Erbarmen an
und bitten dich um ein reumütiges Herz, damit alle Christen sich in dir und
untereinander aussöhnen. In einem Leib und einem Geist vereint, sollen sie
die Freude über die volle Gemeinschaft wieder erleben dürfen. Darum
bitten wir durch Christus unseren Herrn.
IV. Schuldbekenntnis im Verhältnis zu Israel
Lass die Christen der Leiden gedenken, die dem Volk Israel in der Geschichte
auferlegt wurden. Lass sie ihre Sünden anerkennen, die nicht wenige von
ihnen gegen das Volk des Bundes und der Seligpreisungen begangen haben, und
so ihr Herz reinigen.
Gott unserer Väter, du hast Abraham und seine Nachkommen auserwählt,
deinen Namen zu den Völkern zu tragen. Wir sind zutiefst betrübt
über das Verhalten aller, die im Laufe der Geschichte deine Söhne
und Töchter leiden ließen. Wir bitten um Verzeihung und wollen uns
dafür einsetzen, dass echte Brüderlichkeit herrsche mit dem Volk des
Bundes. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
V. Schuldbekenntnis für die Verfehlungen gegen die Liebe, den Frieden,
die Rechte der Völker, die Achtung der Kulturen und der Religionen
Lass die Christen auf Jesus blicken, der unser Herr ist und unser Friede.
Gib, dass sie bereuen können, was sie in Worten und Taten gefehlt haben.
Manchmal haben sie sich leiten lassen von Stolz und Hass, vom Willen, andere
zu beherrschen, von der Feindschaft gegenüber den Anhängern anderer
Religionen und den gesellschaftlichen Gruppen, die schwächer waren als sie,
wie etwa den Einwanderern und Zigeunern.
Herr der Welt, Vater aller Menschen, durch deinen Sohn hast du uns gebeten,
auch den Feind zu lieben, denen Gutes zu tun, die uns hassen, und für die
zu beten, die uns verfolgen. Doch oft haben die Christen das Evangelium
verleugnet und der Logik der Gewalt nachgegeben. Die Rechte von Stämmen und
Völkern haben sie verletzt, deren Kulturen und religiösen Traditionen
verachtet: Erweise uns deine Geduld und dein Erbarmen! Vergib uns! Darum
bitten wir durch Christus unseren Herrn.
VI. Bekenntnis der Sünden gegen die Würde der Frau und die Einheit
des Menschengeschlechtes
Lasst uns für alle beten, die in ihrer menschlichen Würde verletzt und
deren Rechte unterdrückt wurden. Lasst uns beten für die Frauen, die
allzu oft erniedrigt und ausgegrenzt werden. Wir gestehen ein, dass auch Christen
in mancher Art Schuld auf sich geladen haben, um sich Menschen gefügig zu
machen.
Herr unser Gott, du bist unser Vater. Du hast den Menschen als Mann und Frau
erschaffen, nach deinem Bild und Gleichnis. Die Verschiedenheit der Völker
in der Einheit der Menschheitsfamilie hast du gewollt. Doch mitunter wurde
die gleiche Würde deiner Kinder nicht anerkannt. Auch die Christen haben
sich schuldig gemacht, indem sie Menschen ausgrenzten und ihnen Zugänge
verwehrten. Sie haben Diskriminierungen zugelassen auf Grund von
unterschiedlicher Rasse und Hautfarbe. Verzeih uns und gewähre uns die
Gnade, die Wunden zu heilen, die deiner Gemeinschaft auf Grund der Sünde
noch immer innewohnen, damit wir uns alle als deine Söhne und Töchter
fühlen können. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
VII. Bekenntnis der Sünden auf dem Gebiet der Grundrechte der Person
Lasst uns beten für alle Menschen auf der Erde, besonders für die
Minderjährigen, die missbraucht wurden, für die Armen, Ausgegrenzten und
Letzten. Lasst uns für diejenigen beten, die am wenigsten Schutz genießen,
für die ungeborenen Kinder, die man im Mutterleib tötet, oder jene, die
gar zu Forschungszwecken von denen benützt werden, die Missbrauch getrieben
haben mit den von der Biotechnologie gebotenen Möglichkeiten. So haben sie
die Ziele der Wissenschaft entstellt.
Gott unser Vater, du hörst stets auf den Schrei der Armen. Wie oft haben
dich auch die Christen nicht wiedererkannt in den Hungernden, Dürstenden
und Nackten, in den Verfolgten und Gefangenen, in den gerade am Anfang ihrer
Existenz schutzlos Ausgelieferten. Für all jene, die Unrecht getan haben,
indem sie auf Reichtum und Macht setzten und mit Verachtung die
"Kleinen" straften, die dir so am Herzen liegen, bitten wir um
Vergebung. Erbarme dich unser und nimm unsere Reue an. Darum bitten wir
durch Christus unseren Herrn.
Schlussgebet
Barmherziger Vater, dein Sohn Jesus Christus, der Richter über Lebende und
Tote, hat in der Niedrigkeit seines ersten Kommens die Menschheit aus der
Sünde befreit. Wenn er wiederkommt in Herrlichkeit, wird er für alle
Schuld Rechenschaft fordern von unseren Vätern, von unseren Brüdern und
Schwestern und von uns, deinen Dienern. Vom Heiligen Geist bewegt, kehren wir
mit reumütigem Herzen zu dir zurück. Schenke uns dein Erbarmen und die
Vergebung der Sünden. Darum bitten wir durch Christus unseren Herrn.
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